Offener Brief an den Bundesrat bezüglich des Flüchtlingslagers Moria

Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin,
Sehr geehrte Frau Bundesrätin,
Sehr geehrter Herr Bundesrat

Die Zustände im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos sind schon seit Jahren katastrophal. Das Lager ist heillos überfüllt und die Menschen dort leben unter unmenschlichen Bedingungen. So sind nach offiziellen Zahlen mehr als 12’000 Geflüchtete und MigrantInnen in diesem Lager, bei einer Kapazität von 2800 Plätzen. Die BewohnerInnen halten sich unter prekären Umständen auf engstem Raum zusammen auf. Sie haben teilweise keinen Zugang zu fliessendem Wasser und erhalten bestenfalls eine auf das absolute Minimum reduzierte Gesundheitsversorgung. Für Essen, Wasser und Toilettengänge stehen sie jeden Tag mehrere Stunden in Warteschlangen an. Elementare Hygienemassnahmen, wie zB. Abstandhalten oder regelmässiges Händewaschen, sind unter diesen Umständen unmöglich.

Das Coronavirus hat die Situation zusätzlich verschärft. Die BewohnerInnen können sich schon seit Monaten ausserhalb ihrer Unterkünfte nicht mehr frei bewegen. Als Anfang September der erste Corona-Fall in Moria bekannt wurde, wurde das gesamte Flüchtlingslager unter Quarantäne gestellt. Eine Woche später, am Dienstag 7.9.2020, waren schon 35 Personen mit dem Virus infiziert und Unruhen brachen aus. In der Nacht auf Mittwoch brach ein verheerendes Feuer aus, welches die Anlage fast vollständig zerstört hat. Nun sind über 12’000 Menschen obdachlos und es ist unklar, wo die Menschen untergebracht werden sollen.

Wir sind bestürzt über die Brände und Zustände im Flüchtlingslager Moria und sind der Ansicht, dass die Schweiz für die betroffenen Menschen rasch Unterstützung leisten muss. Die Menschen müssen in Sicherheit und in eine menschenwürdige Unterkunft gebracht werden. Wir fordern eine sofortige medizinische Unterstützung für die Geflüchteten und MigrantInnen aus Moria, um ihre Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Gleichzeitig fordern wir den Bundesrat auf, Menschen aus Moria in der Schweiz aufzunehmen, um damit mehr Verantwortung in der Bewältigung der Not in den Flüchtlingslagern zu übernehmen.

Die Schweiz hat genügend Ressourcen und finanzielle Mittel, um Geflüchtete aufzunehmen. Mehrere Städte in der Schweiz haben sich bereits vor dem katastrophalen Brand in Moira in der Aktion «Evakuieren Jetzt» bereit erklärt, Geflüchtete aus Lesbos aufzunehmen und haben dieses Angebot nur erneuert.

Nutzen wir dieses Angebot! Angesichts der aktuellen Situation dürfen wir keine kostbare Zeit weiterhin tatenlos verstreichen lassen – es muss eine rasche Direktaufnahme von Geflüchteten erfolgen. Wir dürfen nicht mehr länger unsere Augen vor dieser humanitären Katastrophe verschliessen und müssen unsere Verantwortung in Europa gegenüber den geflüchteten Menschen und Griechenland wahrnehmen.