Ein Angriff auf Würde und Freiheit
«Regierung sagt ja zur Debitkarte», Ausgabe vom 12. Dezember – Leserbrief
Bevor wir Asylsuchende verurteilen oder beleidigen, sollten wir versuchen, sie zu verstehen und zu erkennen, wer Asylsuchende sind. Asylsuchende sind Menschen, die nicht freiwillig ihre Heimat verlassen haben. Sie fliehen vor Krieg, Gewalt und politischer Verfolgung – oft mit nichts ausser Hoffnung auf ein Leben in Sicherheit. Sie sind Überlebende, die alles zurücklassen mussten.
Die meisten müssen ihre Familien, Freunde, ihr Zuhause und die Erinnerungen verlassen aufgrund von externen Mächten. Daher sollten wir mit mehr Verständnis und Mitgefühl handeln, anstatt alle unter Generalverdacht zu stellen und die Einführung eines Bezahlkartensystems zu fordern.
Das System schränkt ihre Freiheit ein, zwingt sie, nur in bestimmten Geschäften einzukaufen, und nimmt ihnen die Möglichkeit, ihr Leben selbst zu gestalten. Dürfen sie nicht selbst entscheiden, was sie essen oder wofür sie ihr Geld ausgeben? Diese Einschränkungen machen sie zu Menschen zweiter Klasse, obwohl die Schweiz für Gleichheit und Menschenrechte steht. Befürworter argumentieren, dass die Massnahme Missbrauch verhindern soll. Doch dürfen wegen weniger Einzelfälle alle bestraft werden? Missbrauch gibt es in jedem Sozialsystem, doch statt einer Kollektivstrafe braucht es gezielte Massnahmen, die ohne Diskriminierung funktionieren.
Das Bezahlkartensystem für Asylsuchende verstärkt soziale Ungleichheit und widerspricht den Prinzipien der Schweizer Solidarität. Anstatt Menschen gleich zu behandeln, schafft es neue soziale Schichten und trennt Asylsuchende von der Gesellschaft. Die Karte entmündigt sie finanziell, da sie nicht frei über ihr Geld verfügen können. Zudem macht sie sie öffentlich erkennbar.
Das sollte nicht sein, auch weil wir immer wieder von einer starken Gesellschaft und einheitlichen Massnahmen sprechen, wie etwa dem Schweizer Motto «Einer für alle, alle für einen». Mit solchen Aktionen wird das System schwächen und distanzierte Menschen geben – das wollen wir nicht in der Schweiz.
Abdullah Moradi, Vorstand Asylbrücke Zug, Baar
https://www.luzernerzeitung.ch/meinung/leserbriefe-zz/ein-angriff-auf-wurde-und-freiheit-ld.2731975